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ibahabs

#19 Zwitschernde Ampeln, Atlantikküste und Baumarktbesuch

Aktualisiert: 5. Feb. 2023

Nach unserer Entdeckung gleich am ersten Abend in Saint John (Nova Scotia), dass eine Pannierhalterung gebrochen war, verbrachten wir fast den ganzen ersten halben Tag mit der Suche nach einem vergleichbaren Ersatzteil.

Gebrochene Kofferhalterung Heavy Duties Koffer

Leider vergeblich. In ganz Kanada gab es leider kein passendes Ersatzstück. Wir haben unsere Motorradkoffer von Heavy Duties schon einige Jahre und sie haben uns auch wirklich schon sehr gute Dienste geleistet und immer noch wasserdicht. Daher wollten wir uns von ihnen nicht schon zum Beginn unserer ibahabs-Weltreise trennen, da bis auf dieses Teil waren sie völlig in Ordnung. Nach Kontaktaufnahme mit Heavy Duties bekamen wir die Information, dass ein Versand nach Kanada nicht möglich sei, sie uns aber rasch die Ersatzteile nach Österreich schicken könnten. Dies nahmen wir auch in Anspruch und standen dann vor der nächsten Herausforderung. Wie bekommen wir die Teile nun nach Kanada zu uns? Aber bis wir auf diese Frage eine Antwort fanden, verging noch einige Zeit.

In der Zwischenzeit blieb uns nichts anderes übrig, als Kerstins Koffer zumindest soweit zu fixieren, dass er während dem Fahren nicht runterfallen konnte. Wir beschlossen einfach mal einen Baumarkt in der Stadt aufzusuchen und zu sehen, welche Materialen auf Lager sind, denn einige Ideen zum Fixieren hatten wir ja schon.



Um das schöne Wetter an diesem Tag noch auszunutzen bevor die angekündigten Regentage kamen, fuhren wir zur Abwechslung mal ohne Gepäck in die Stadt Saint John. Aus den diversen Reiseführern und den Tipps unserer Gastgeber hatten wir wieder mal einiges im Kopf. Unser erster Halt war bei den „Reversing Falls“ (dt. „umgekehrte Wasserfälle“). Hier gibt es den Saint-John-River, der ins Meer mündet. Eine Besonderheit ist jedoch, dass hier an dieser Küste der Tidenhub sehr hoch ist (teilweise an gewissen Stellen an der Küste erreicht der Tidenhub sechs bis sieben Meter!). Solange Ebbe herrscht, kann der Saint-John-River ungehindert ins Meer hinabfließen. Kommt jedoch die Flut, erreicht der Meeresspiegel eine größere Höhe als der Fluss. Und zu diesem Zeitpunkt beginnen die „reversing falls“: das Flusswasser muss zurück flussaufwärts fließen!


In diesem Fluss kann man je nach Tide auch mit dem Segelboot fahren. Allerdings kann es sehr schnell gefährlich werden, denn wenn die Flut kommt, sind in der Vergangenheit immer wieder Boote an den Felsen im Fluss zerschellt. Auch der Brückenbau über den Saint-John-River hat aus diesem Grund sehr viele Anläufe und Zeit gebraucht.


In der Stadt angelangt, fanden wir sehr schnell einen Parkplatz direkt in der Nähe vom Hafen, wo alles Interessante fußläufig gut zu erreichen war. Am Parkplatz „kämpften“ wir noch mit dem Parkticket-Automaten, da wir keine Münzen hatten und er unsere Kreditkarten nicht akzeptierte. Irgendwann kapierten wir schließlich, dass er anscheinend keine Debitkarten und Prepaid-Karten mochte – eine normale Kreditkarte dann aber anstandslos annahm. Mit stolzen zwei Parktickets für einen Stellplatz (hier müssen für die Tickets die Kennzeichennummern eingegeben werden) konnten wir dann endlich losziehen, um die Stadt zu erkunden.


In den diversen Reiseführern und Online-Seiten hatten wir wirklich viel Interessantes gefunden. Allerdings mussten wir feststellen, dass wir so ca. die einzigen Touristen zu diesem Zeitpunkt in der Stadt waren. Gut, wir wussten, dass mit Mitte/ Ende April noch nicht unbedingt die Hauptsaison für den Tourismus an der Küste angefangen hatte. Aber, dass so wenig los sein würde, damit hatten wir auch nicht gerechnet. Zu diesem Punkt kam noch dazu, dass die Lockdowns sehr viele Geschäfte und Lokale getroffen hatte und sehr viele Pleite gegangen sind. Von unseren Gastgebern hörten wir dann, dass normalerweise im Hafen nicht nur Containerschiffe ankamen, sondern auch Kreuzfahrtschiffe. Erst mit Mai 2022 sollte in Saint John dann zum ersten Mal wieder ein Schiff mit Touristen anlegen dürfen und dass sich die Stadt darauf vorbereite.

Wir ließen es uns jedoch nicht nehmen, trotz allem einen Stadtspaziergang zu machen. Immerhin mussten wir ja das sonnige Wetter noch ein bisschen ausnutzen.


Durch die Altstadt führt teilweise eine Art Indoor-Weg durch die alten Gebäude. Hier findet man allerlei Shops und kleine Geschäfte. Über eine Brücke mit bunten Gläsern (auf einmal ist alles blau!) geht es dann zB. einmal weiter in ein neues Haus. Immer wieder Stiegen, Rolltreppen, verschiedene Stockwerke (auch Halbstöcke) – so verliert man rasch den Überblick, ob man sich jetzt eigentlich schon in einem anderen Gebäude befindet oder nicht.

Irgendwann fanden wir dann schließlich auch die berühmte Markthalle von Saint John. Als erstes fällt einem auf, dass die Halle nicht gerade ist. Denn die einzelnen Wege zwischen den Ständen führen bergauf! Zu finden sind hier hauptsächlich Lebensmittel aller Art und Kunst. Hin und wieder ein paar Stände, bei denen es Souvenirs oder etwas zu essen und zu trinken gab. Auch hier waren zum Zeitpunkt unseres Besuchs viele der Stände geschlossen und die Öffnungszeiten sehr verkürzt. Aber wir waren in dieser Halle definitiv die einzigen Touristen.

Von der Markthalle aus durch ein großes Tor gelangten wir zu einem kleinen Park mit einem großen Pavillon in der Mitte. In diesem Pavillon gibt es im Sommer immer wieder Live-Konzerte und Aufführungen. Wir konnten uns gut vorstellen, dass es dann wirklich schön sein musste.

Als wir so auf einer Parkbank die Sonne genossen, hörten wir in regelmäßigen Abständen immer wieder für eine gewisse Zeit verschiedene Vogelstimmen. Wir konnten jedoch keine derartigen Vögel sehen. Außer Tauben und Möwen waren weit und breit keine anderen Vögel zu erkennen. Als wir dann ein bisschen den Verkehr rundherum beobachteten, erkannten wir, dass hier bei den Grünphasen der Fußgängerampeln Vogelstimmen zu hören waren anstatt des für uns bekannten Piepen oder Klopfen!


Vom Park aus schlenderten wir dann wieder Richtung des Hafens, immerhin waren wir auf dieser Reise zum ersten Mal beim Atlantik (das Fliegen zählt einfach nicht). Wir fanden eine kleine verlassene Stelle mit großen Felsen bei Ebbe, von wo aus man einen guten Blick auf einen Leuchtturm in der Ferne hatte. Ein bisschen über Felsen klettern, versuchen nicht nass zu werden und nicht auszurutschen aber trotzdem lustige und schöne Fotos zu bekommen – so kann man auch einige Zeit verbringen!

Nach dem Containerhafen erreichten wir leider keine Promenade, sondern eine riesige Baustelle! Damit Saint John größere Containerschiffe erreichen können, wird der Hafen ausgebaggert und das Material im Hafen aufgeschüttet. Laut den Plänen, die dort zu sehen sind, soll hier eine riesige Fläche am Ufer entstehen, die einerseits als Promenade genutzt und andererseits für die Events zur Verfügung gestellt werden wird. Bereits in der Vergangenheit gab es dort große Events und Musik-Festivals. In Zukunft soll dort noch mehr Platz dafür sein. Als Ende der Bauzeit war ca. 2026 angegeben. Ein weiterer Besuch dieser Stadt, wenn alles fertig wird, klingt auf jeden Fall verlockend!


Nachdem unser mühsam ergattertes Parkticket dann irgendwann doch seine Gültigkeit verlor, fanden wir keine weiteren Ausreden, um uns vor dem geplanten „Shopping“ zu drücken. Erster Stopp: Baumarkt! (Für alle, die uns kennen: erster Vorschlag von Andreas: „Kerstin – möchtest du draußen warten?!“ – Natürlich nicht!)

Wir fanden den Baumarkt „Home Depot“, der sehr unseren orangen Baumärkten zu Hause glich. Teilweise waren sogar die Reihenfolgen der Materialien in den Reihen ähnlich angeordnet! Einziger Unterschied: die Verkäufer laufen hier nicht vor einem weg, sondern kommen auf einen zu! Nach etwas eigenem Suchen beschloss Andreas einem Verkäufer unseren Wunsch mitzuteilen und Kerstin hängte gerade noch etwas zurück ins Regal. Auf einmal waren sowohl Andreas und der Verkäufer verschwunden. Weder in der Reihe davor noch danach waren sie zu finden. Eine freundliche Verkäuferin kam auf Kerstin zu und fragte, ob sie helfen könne. Kerstin antwortete: „Nein, wir werden schon bedient- ich habe hier nur gerade irgendwo meinen Mann verloren!“ Die Verkäuferin lachte und meinte: „Ach, das passiere hier ständig: die Frauen wissen, was sie möchten und die Männer gehen einfach verloren! Aber keine Sorge – los werden kann man sie auf diese Art nicht lange!“

Kurze Zeit später tauchte Andreas wieder auf und wir bekamen auch das gesuchte biegsame „Metall-Lochband“! Mit diesem konnte dann auch Kerstins Pannier wieder fixiert werden – nur das kurzfriste Abnehmen des Motorradkoffers aus der Halterung ist etwas aufwändiger! Aber es hält!


Andreas mit Uno

Am nächsten Tag war es - wie angekündigt - stark regnerisch, sodass wir den Tag im Haus verbrachten. Wir konnten einiges aufarbeiten, neue Pläne schmieden und uns neue Routen überlegen. Auch mit unseren Gastgebern verbrachten wir viele nette Stunden, denn Phil und Linda hatten nicht nur touristische Ratschläge für uns. Auch der Austausch über das Leben in Kanada und Europa und die einzelnen Sitten und Gebräuche, Politik und Veränderungen in der Welt waren sehr spannend. Uno – der kleine niedliche Hund – sorgte ebenfalls wirklichen Unterhaltungsfaktor und so verging die Zeit viel zu schnell.


Als sich das Wetter erfreulicherweise besserte (kein Regen, aber immer noch kalt), konnten wir auch auf den Bikes einen Ausflug in den Fundy National Park starten. Ganz ohne Gepäck fährt es sich natürlich viel leichter und wir hielten nach den online beschriebenen netten Offroad-Strecken Ausschau. Tja, wie auch schon so oft: auch hier hatte die Saison noch nicht gestartet und man konnte zwar auf dem Highway durch den Nationalpark durch bis ins Dorf Alma fahren. Aber links und rechts des Weges war alles noch abgesperrt. Und wir fanden uns wieder in teils winterlicher Landschaft wieder.





In Alma angelangt, sah es leider nicht viel besser aus: die Saison hatte auch hier definitiv noch nicht begonnen. Was an diesem Ort aber Besonders ist – das ganze Jahr über – ist der sehr hohe Tidenhub von einigen Metern. Im Hafen konnten wir daher die Schiffe und Boote, die am Steg angelegt hatten, im Trockenen in voller Größe bewundern, da sich auf Grund der Ebbe kein Wasser mehr im Hafen befand.

Nach einer kurzen Stärkung und Aufwärmen im einzigen „Bistro“, das offen hatte, machten wir uns daran unser Versprechen, das wir unseren Gastgebern gegeben hatten, einzulösen. Daher suchten wir nach einem „Lobster-Shop“ (Verkaufsladen für Hummer). Phil und Linda hatten uns überredet, drei Stück „ein-Pfund-schwere“ lebendige Hummer für das Abendessen mitzunehmen. Hummer sind hier an der Küste eine Spezialität und sie wollten uns beibringen, wie dies zubereitet wurde. Wir hatten beide noch nie Hummer gegessen, geschweige denn zubereitet oder zerlegt. Das Einzige, das wir kannten, waren die Geschichten, die man über Zubereitung und Verzehr sich erzählte. Mit gemischten Gefühlen waren wir also auf der Suche nach so einem Geschäft. Wir scherzten schon, dass sicherlich kein Geschäft offen hätte, bei dem man lebendige Hummer kaufen könne, da die Saison erst mit der darauffolgenden Woche starten sollte. Tja, weit gefehlt: ein einziger Laden hatte offen! Zu unserem Wort stehend betraten wir diesen Laden, bei dem gleich mitten im Raum ein riesiges Becken stand, bei dem sich kleine braun-grüne Dinger herumtummelten. Diese hatten zwar Ähnlichkeit mit Krabben oder Hummern, aber ob dies wirklich Hummer waren, dessen waren wir uns wirklich nicht sicher! Eigentlich sind doch Hummer rot oder? Zumindest sehen sie in Filmen immer so aus?



Nein! Zu unserer Überraschung sind diese nicht rot, wenn sie lebendig sind! Uns fiel keine Ausrede mehr ein, warum wir sie nun nicht kaufen sollten, nachdem wir bereits im Geschäft standen und der lokale Fischer uns auch schon so mit erwartungsvollem Blick ansah. Vermutlich waren wir in diesem Jahr die ersten Kunden. Wir kauften die drei 1-Pfund-schweren Hummer und standen dann vor einer nächsten Herausforderung: wie transportiert man diese? Unser Verkäufer hatte auch hier die passenden Ratschläge parat: die kleinen Tierchen wurden zärtlich in gleich zwei Plastiksackerln gelegt (kein Witz – er hob die kleinen wirklich sehr sanft an!). Oben muss man Luft lassen – auf keinen Fall luftdicht verpacken – immerhin sollen sie ja weiterleben. Und sie müssen aufrecht transportiert werden. Tja, das hatten wir nicht so bedacht. Um diese am Motorrad zu transportieren, hatten wir eigentlich eine Packrolle mitgenommen. Die wäre jedoch, wenn sie hinten befestigt wird luft- und wasserdicht. Es blieb uns nichts übrig, als Andreas Rucksack komplett auszupacken, diesen Inhalt in die Packrolle umzupacken und die kleinen Tierchen fanden dann im Rucksack einen Platz. Hier hatten sie aufrecht Platz und von oben bekamen sie auch frische Luft.


Andreas hatte die Ehre die nächsten 1,5 Stunden mit den Tierchen am Rücken zurück nach Saint John zu fahren. Sie überstanden die Fahrt sehr gut und Phil und Linda freuten sich sichtlich über unsere Ausbeute des Tages.

Während wir uns noch umzogen, um aus der kalten Motorradkleidung zu schälen, begannen sie bereits mit den Zubereitungen in der Küche. Und hier wurden die Hummer dann doch rot! Das Kochen selbst dauerte nur ein paar Minuten, dann waren die Hummer durch. Dann ein paar Minuten auskühlen lassen. Und dann durften wir lernen, wie man den Panzer aufbricht und das Fleisch mit einem speziellen Besteck herauslöst. Wir stellten uns gar nicht so schlecht dabei an wie erwartet!


Während die Männer sich dann ins Wohnzimmer zurückzogen, durfte Kerstin noch die restliche Zubereitung lernen. In der Heimat von Linda wird Hummer mit etwas Schlagobers, Salz, Pfeffer und Knoblauch in einer Pfanne gedünstet. Auch hier löst sich noch ein bisschen vom roten Farbstoff aus dem Fleisch, sodass alles leicht orange wird. Das Fleisch samt Sauce wird dann mit Kartoffelpüree und Erbsen serviert. Es war richtig lecker!

Beim Essen erfuhren wir auch, dass Hummer früher ein „Arme-Leute-Essen“ war. Wenn man als Kind ein Hummer-Sandwich mit in die Schule genommen hatte, wusste jeder gleich, dass man aus einer ärmeren Familie stammte. Unglaublich heute!

Diesen Abend ließen wir dann noch mit netten Gesprächen und einem Gläschen dominikanischem Rum ausklingen.

Bald ging es für uns wieder weiter. Wir hatten beschlossen, nachdem wir Saint John (Nova Scotia) auch die andere Stadt St. Johns (Neufundland) zu besuchen. Laut Wetterbericht sollte es im Osten deutlich wärmer werden und auch die Regenwolken sahen nicht mehr ganz so unfreundlich aus.

Nach einem überraschenden Abschiedsfrühstück von Phil und Linda zogen wir dann auch los. Von dem dominikanischen Rum hatten wir auch sogar noch etwas als Notfall mit auf den Weg bekommen – damit es uns auch bei diesem kalten und oft regnerischen Wetter wenigsten am Abend einmal warm wird! So lässt sich auch ibahabs mal ein Regentag auf unserer Weltreise überstehen!

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