Trotz des Jetlags hielten wir es in einem Zimmer natürlich nicht lange aus. Die Aussicht – trotz angesagtem Regen – die Stadt Montreal zu entdecken war einfach zu verlockend. Mit Infos aus diversen Reiseführern, Internet-Erfahrungsberichten und all den erhaltenen toll klingenden Tipps der Leute bewaffnet, machten wir uns also als typische Touristen mit Kameras auf in die Stadt!
Nachdem für uns die Parkplatzsituation – insbesondere für Motorräder - doch etwas unklar war, entschlossen wir uns einmal noch vom Flughafenhotel aus mit den Öffis in die Stadt zu fahren. Eines der ersten Merkmale, das einem auch hier auffällt – gerade, wenn man aus Europa kommt - ist, dass alles so viel größer ist. So dauerte die Fahrt fast 1,5 Stunden.
Der erste Teil der Strecke bestand aus einer Busfahrt durch verschiedene Zonen der Außenbezirke von Montreal. Die Dimensionen der Industriezone und auch der angrenzenden Wohnsiedlungen sind schon sehr beeindruckend.
Die U-Bahn („Metro“) war hier – im Gegensatz zu Wien – extremst sauber und es gab keine einzigen Kritzeleien oder Werbeplakate innen. Lustig ist auch, dass einem während der Fahrt der Fahrtwind ins Gesicht bläst. Man merkt jedoch, dass die Entfernungen zwischen den Haltestellen sehr groß sind, denn die Fahrtgeschwindigkeit ist eine ganz andere als zuhause!
Später – nachdem wir in eine Unterkunft mitten in der Innenstadt Montreal gewechselt hatten - waren wir nur noch zu Fuß unterwegs. Allerdings sollte man die zurückgelegten Kilometer wirklich nicht unterschätzen! Aus einem „kleinen Spaziergang“ werden es schnell mal ein paar Stunden, denn man weiß wirklich nicht, wohin man als erstes schauen sollte! Wir kommen sicherlich komplett fit zurück nach Hause!
Unser Reisedatum mit Anfang April zählte nicht gerade zur Hauptsaison. Um ehrlich zu sein: auch die Nebensaison schien im Jahr 2022 noch meilenweit entfernt zu sein! Im alten Hafen („Old Port“) waren noch ein paar Eisschollen und Schneeberge zu finden, die Wasserbecken, Kanäle und Springbrunnen waren ohne Wasser und auch viele der Lokale hatten zu. Wie wir später jedoch herausfanden, lag dies nicht unbedingt am Reisedatum, sondern – wie auch in vielen anderen Städten - leider an den Folgen des eingeschränkten Tourismus auf Grund der Pandemie sowie der veränderten Situation durch die Homeoffice-Möglichkeiten.
Während wir durch den Hafen schlenderten, konnte man überall den Aufräumarbeiten nach dem Winter und auch den Vorbereitungsarbeiten für die nächsten Frühlingswochen zusehen. Die Parks und Grünflächen wurden auf Vordermann gebracht und es war möglich, sich bereits vorzustellen, wie alles aussehen würde, wenn es blüht.
Montreal steht nach fast zwei Jahren Dornröschenschlaf in den Startlöchern für einen weiteren tollen Sommer mit wieder stattfindenden Events!
Im Hafen begrüßte uns (auch wenn noch alles geschlossen hatte) das bekannte Riesenrad (Wien lässt grüßen!), eine Zipline übers Wasser und ein Sandstrand für Sommertage (allerdings ohne die Möglichkeit zu schwimmen). Weiters befindet sich dort auf der Promenade ein kleiner Markt und ein Hochseilgarten, das sich auf einem Holz-Piratenschiff samt danebenliegendem Sandstrand zum Chillen befindet.
Fotos: 1.) Blick auf 2.) Noch Eis in Old Port 3.) Blick auf den Vergnügungspark vom Hafen aus (siehe flache Hand) 4.) Promeande Old Port mit Riesenrad 5.) Noch sind alle Wasserbecken und Kanäle in der Stadt leer - bald geht es aber los!
Sieht man vom Hafen aus in Richtung der Stadt, fällt einem als erstes der komplette Mix aus unterschiedlichen Baustilen aus verschiedenen Epochen und Regionen auf. Es wirkt ein bisschen wie ein zusammengewürfelter Haufen von Häusern aus einem Zeitreisestrudel. Neben kompletten Neubauten stehen gläserne Hochhäuser, dann wieder eine Art französischer Renaissance-Bau, daneben wieder ein älteres Backsteinhaus, das man eher in Großbritannien vermuten würde – und so geht es die gesamten Straßen entlang. Alt neben neu, komplett saniert neben doch etwas eher renovierungsbedürftigem. Ein Mix, bei dem man sich nur schwer entscheiden kann, wo man als erstes hingehen möchte!
Steht man auf der Promenade von Old Port und wendet einmal den Blick in die andere Richtung, dann sieht man auf die Grünflächen der Insel „Saint Helen’s“ mitten im St. Lorenz-Strom. Neben Parkanlagen zur Erholung befinden sich dort auch „La Biosphère“ (stammt noch von der Expo67) und auch ein weltberühmter Vergnügungspark – in dem man ein einer Achterbahn unter einer andren Achterbahn fahren kann! Aber wie man sich sicher vorstellen kann: zu unserem Reisedatum natürlich noch geschlossen!
Vom Hafen aus kommt man durch die vielen kleinen Gassen in die Altstadt („Old Montreal“). Während der Boden hier zum Großteil nur aus Kopfsteinpflaster in allen möglichen Größen und Höhen besteht, sieht man hier sehr viele kleine Lokale und auch Pubs. Im Sommer gibt es auch Gastgärten heraussen – wir konnten bereits zusehen, wie die einzelnen Holzterassen gezimmert wurden.
Fotos: 1.) Blick auf die Innenstadt und die berühmte Basilika Notre Dame de Montreal (mit Aura-Licht-Spielen) 2.) Blick auf Old Montreal (Hauptplatz)
3.) Blick vom Hafen aus in die Innenstadt
Auffällig ist auch, dass es in Montreal noch sehr viele kleine Shops („Boutiquen“) gibt, die wirklich zum Bummeln einladen anstatt der vielen großen Handelsketten, die jede Stadt gleich wirken lassen. Wir fanden sogar eine Boutique, die das gesamte Jahr über Weihnachtsdekorationen verkauft!
Wie in jeder Stadt gibt es natürlich auch in Montreal viele Museen – für diejenigen, die sich aber trotzdem lieber gerne selbst im Freien aufhalten und selbst durch die Stadt gehen gibt es aber auch einen Rundgang durch die Stadt mit einer speziellen App. Hier kann man dann mittels QR-Codes an den jeweiligen Plätzen sich die Informationen und historischen Ereignisse live anhören. Also quasi eine geführte Tour mit digitalem Guide. Eines ist jedoch zu beachten: Man muss sich vorab online bereits beim Kauf für eine gewisse Uhrzeit anmelden, damit man dann diese Tour überhaupt machen kann!
Von unserem zweiten Quartier aus, waren wir ja näher in der Innenstadt „Old Montreal“. Und da uns ja das Leben und die Unterschiede in einer Stadt immer sehr interessieren, begaben wir uns auch hier ein bisschen auf Entdeckungsreise.
Neben Old Montreal befinden sich die einzelnen Viertel („quater“ bzw. „quartier“), die sich je nach ihren Bewohnern zB. französisches, italienisches, portugiesisches oder chinesisches Viertel nennen. Dort werden jeweils ihre landestypischen Speisen und Waren angeboten, man findet einen unterschiedlichen Kulturmix dort und jedes Viertel ist auf jeden Fall einen Besuch wert! Wenn man bei der Rue St. Denis entlangschlendert deckt man sehr viele der unterschiedlichen Zonen ab und bekommt ein gutes Gefühl für die Vielfalt dort.
Auch gibt es in diesen Vierteln richtig interessante Lokale. Wir fanden zB. im französischen Viertel ein Cafe mit frischen selbstgebackenen Croissants. Wie kreativ die einzlenen Lokale sein können zeigte sich zB. daran, dass es immer wieder etwas Neues zu entdeckten gab. Überrascht waren wir dort zB davon, dass die Füße der Tische zum Großteil aus Untergestellen von den alten - uns noch sehr gut bekannten - Singer Nähmaschinen bestanden!
Montreal ist ein der wenigen Städte, die wirklich zweisprachig sind. Die Sprachen Englisch und Französisch findet man hier fast überall gleichermaßen. Es gibt eine Gruppe von Einwohnern, die „Quebecois“ genannt werden und die versuchen das Kulturgut ihrer Heimat der Provinz Quebec und deren französischen Ursprung zu bewahren. Dies ist ein ernstes Thema – vor allem in Hinblick auf den vielen Zuzug und die unterschiedlichen Kulturmixe, die es vor allem in Montreal gibt. Wenn man jedoch genauer hinsieht und auch etwas in sich hineinhorcht, versteht man, dass der Grundgedanke seine Heimat und sein Kulturgut erhalten zu wollen, etwas sehr menschliches und normales ist.
Interessant haben wir gefunden, dass es in Montreal ganze Straßenzüge gibt, bei denen die Verkehrsschilder alle französisch und dann beim nächsten Straßenzug alle wieder auf englisch sind. Mehr als einmal hat dies bei uns für Verwirrung gesorgt! Stellt euch vor, ihr kommt zu einer Straße mit dem Stopp-Schild „Arret“, geht über die Straße und dort steht dann „Stop“! Dies gibt es wirklich!
An die Mehrsprachigkeit mussten wir uns erst wieder gewöhnen und hatten anfangs ein paar lustige Stolperer. Einmal waren wir in einem Cafe, bei dem die Bedienung uns zuerst auf französisch ansprach. Da wir sie leider auf Grund ihres Dialekts nicht gut verstanden, wechselten wir ins Englische. Beim nächsten Mal, als sie an unseren Tisch kam, hatte sie vergessen, dass wir auf englisch kommunizierten und sprach uns wieder mit französchisch an. Dieses Mal verstanden wir sie jedoch - antworteten aber ohne nachzudenken auf italienisch. Als sie uns dann fragte, welche Sprache wir normal sprechen, sagten wir : Deutsch! Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie verwirrt uns die Kellnerin dann anstarrte!
Wie in fast jeder Stadt, gibt es auch in Montreal etliche interessante Museen. Da wir jedoch zuerst mit Jetlag etwas bedient waren und dann eher spontan (ohne Rücksicht auf Öffnungszeiten) unsere Touren quer durch die Stadt gewandert sind, hatten wir leider die Zeit nicht mehr, welche zu besuchen. Was wir aber sehr wohl gemacht haben, war die vielen kleinen Kunstgallerien und deren ausgestellte Kunst jeglicher Stilrichtung zu bewundern. Kunst ist ein großes Thema in diesem Teil von Montreal: sowohl Straßenkunst kann bewundert werden wie zB. die unzähligen wirklich imposanten Graffiti als auch die kleinen Läden in den einzelnen Straßenzügen, die Kunst verkaufen.
Wir haben auch gehört, dass es bei den vielen Events hier ein - normalerweise - jährlich stattfindendes Festival gibt, bei dem Graffiti in ganzen Straßenzügen entstehen und die man dann besichtigen kann. Wer jetzt an irgendwelche Kritzeleien denkt, ist fehl am Platz, denn es handelt sich hier um richtig großflächige und beeindruckende Kunstwerke!
Fotos: diverse Graffitti: von Anfängerbilder bis hin zu Profibildern alles dabei! Bild links unten: Kunst kann man auch mit Pflanzen (im Sommer ist der Hund grün) gestalten!
Die Stadt ist ein bunter Mix von allem Möglichen, bei der man sogar bei einem Reisedatum Anfang April bei nicht sonderlich gutem Wetter und nach zwei Jahren Pandemie so viel Interessantes findet, dass man nicht weiß, was man als erstes machen möchte!
Für jeden, der Festivals (ohne Schnee) erleben möchte: komme nicht Anfang April dorthin!
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