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ibahabs

#6 Explodierende Eier, Motorrad-Zollformalitäten und viel Arbeit

Aktualisiert: 29. Dez. 2022

Eigentlich hätten wir gedacht, dass nachdem wir am Vortag nach der Ankunft im Hotel quasi direkt ins Bett gefallen sind, wir sicher am ersten Tag etwas länger schlafen würden. Denkste!

Anscheinend lief unsere innere Uhr trotz allem doch etwas schneller und so waren wir recht früh wach und um 6 Uhr bereits bei den ersten Gästen beim Frühstücksbuffet. Immerhin war es ein wirklich sonniger Morgen.



Von den gesamten C***-Regeln zuerst noch etwas verunsichert, wie wir uns hier zu verhalten hätten, fanden wir recht schnell heraus, wie ähnlich die Situation zwischen Kanada und Österreich doch war bzw. ist. Maskenpflicht in öffentlichen Gebäuden und Transportmitteln. In der Gastronomie: am Tisch keine Maske, überall sonst schon! Also wie gewohnt mit Maske zum Buffet.


Erster Blick aufs Buffet: Saft-Automat, diverses Müsli und Joghurt, ein bisschen Obst, Tiefkühlgerät mit lustigen Dingen drinnen, zwei Mikrowellen, zwei lustige Waffeleisen, wieder ein Automat – davor noch diverse Saucen. Richtig gelesen: auch ein Tiefkühlgerät!

Nach einem Austausch von verwunderten und fragenden Blicken zwischen uns kam auch gleich eine Dame vom Service-Personal herbeigeeilt. Sie erklärte uns, dass im Tiefkühler zB. Omelette mit und ohne Käse, diverse Hamburger, Rührei mit Speck und gekochte Eier enthalten sind. Und wenn wir diese essen möchten: einfach nehmen, aus der Verpackung schälen, ab in die Mikrowelle und je nach Art des Essens eine Taste an der Mikrowelle mit der entsprechenden Sekundenauswahl drücken! Nur bei den gekochten Eiern mögen wir doch bitte aufpassen: diese sollten in der Packung bleiben, da ja hier eine leichte Explosionsgefahr besteht!

Auf diesen Rat hin beschlossen wir ganz einfach KEINE gekochten Eier zu nehmen, damit uns das Buffet auch noch etwas länger erhalten bliebe. Von unserem Tisch aus konnten wir beobachten, dass auch die anderen Gäste sich nicht darüber trauten, eines der gekochten Eier aufzuwärmen.



Nach dem ausgiebigen Frühstück war unsere oberste Priorität nun endlich wieder unsere Motorräder zu sehen. Vom Zimmer aus versuchten wir telefonisch einen Zollagenten von Lufthansa Cargo zu erreichen. Vergeblich, denn wir hatten zwar unsere Frachtbriefe erhalten und auch die notwendigen Kontaktnummern. Allerdings gab es in der Zwischenzeit anscheinend Änderungen im Ablauf: für eine telefonische Kontaktaufnahme mit einem Mitarbeiter benötigt man nun zusätzlich die drei Ziffern einer Durchwahl pro Stadt bzw. Flughafen. Nach etlichen Recherchen gaben wir auf. Wir konnten die Durchwahl für Montreal nirgends finden.


Da unser Hotel eher in der Nähe des Flughafens lag und wir zusätzlich zur Telefonnummer auch eine Büroadresse bekommen hatten, entschlossen wir uns einfach mal dorthin zu spazieren. Der rund 5km lange Marsch war richtig angenehm, vor allem nach so einem Flug am Vortag. Es schien die Sonne, ein leichter Wind ging – und wir hatten Spaß dabei, uns langsam ein Bild vom Verkehr und den Verkehrsteilnehmern (alles ist einfach größer in Kanada) und auch von den teils lustigen Verkehrsschildern und -regeln zu machen.


Bei dem Büro-/Lagergebäude angelangt fanden wir dann auch im 2. Stock in einem unendlich langen Flur das Büro von Lufthansa Cargo Montreal: geschlossen!

Auf der Tür ein paar nette Hinweise: „Wir sind im Homeoffice und telefonisch nicht zu erreichen, nur per E-Mail! Wenn Sie etwas abholen möchten, dann wenden Sie sich bitte an Tür Nr. XXX im Gebäude XYZ!“



Etwas verunsichert, wo dieses Gebäude „XYZ“ eigentlich sein sollte, begaben wir uns wieder runter ins Erdgeschoss – immerhin hatten wir gesehen, dass dort ein Büro offen war.

Und wir hatten wieder mal Glück: es war sogar das richtige Büro mit den Lagerarbeitern vom Zolllager. Dort waren ein paar Papiere auszufüllen, die Zolllagerkosten zu bezahlen und dann bekamen wir wieder einen neuen Stapel mit Papieren und der Info: „Bitte in den ersten Stock damit zum richtigen Zollbüro!“



Gesagt, getan. Also wieder rauf in den ersten Stock. Dort empfing uns ein Zollbeamter in Uniform mit strengem Blick. Warum wir denn so ein langes Visum bekommen hätten und warum wir unsere Motorräder hier nach Kanada importierten. Wir entschieden uns für die gleiche Antwort, die wir bereits bei unserer eigenen Einreise am Flughafen verwendet hatten: „Canada is so big and it takes so long to travel with the bikes!“ („Kanada ist so groß und man braucht daher länger Zeit, um mit den Motorrädern zu reisen!“) – Und auch hier hatte unsere Erklärung die gewünschte Wirkung: wie auch am Flughafen begann der Beamte zu lachen und erklärte uns alles ganz genau und freundlich, was wir wie wo auszufüllen hätten! Richtiger Service!


Nachdem wir alles brav ausgefüllt hatten, bekamen wir den ersehnten Stempel auf unsere Papiere und der Beamte widmete sich wieder begeistert dem Eishockey-Match auf seinem Handy (es waren sonst auch keine weiteren Leute mehr anwesend).


Mit den Stempeln auf den Papieren betrachteten wir diese erstmals genauer: als Frachtgut auf der Rechnung als auch auf dem neuen Frachtbrief von Lufthansa Cargo wurden zwei Motorräder (also alles korrekt) und als Gewicht 1.121 kg angegeben! Wir schluckten erstmals.



Was war mit unseren Kisten passiert? Denn wenn man grob rechnete: rd. 250 kg pro Bike inkl. Gepäck und rd. 100 kg pro Kiste ergibt maximal 350 kg. Mal zwei gerechnet sollten das maximal 700 kg für zwei Kisten sein!


Auf unsere Nachfrage im Lagerbüro, bei dem wir unsere Papiere wieder herzeigen mussten, bekamen wir eine "einfache" Erklärung für die 1.121 kg: Es werden alle Seitenlängen der Kisten miteinander multipliziert und dann mit einem speziellen Teiler nochmals dividiert! Das Ergebnis ist dann diese unglaubliche Gewichtszahl! Diese Gewichtszahl sollte angeblich wesentlich für den Transport und die Fakturierung sein. Für uns erschien dies zwar nicht wirklich sinnvoll bzw. logisch, aber „irgendjemand wird sich wohl etwas dabei gedacht haben“!



Für die Lagerarbeiter beim Zolllager waren unsere Kisten und unsere nächste Aufgabe eine erfreuliche Abwechslung zu ihrem Alltag. Sie brachten uns die Kisten auf den sonnigen Vorplatz direkt neben die Mülltonnen, da wir alles ja auspacken und die Bikes auch wieder zusammenbauen mussten. Sogar ihr Werkzeug hatten sie uns angeboten, aber wir kamen dann sehr gut mit unseren eigenen Sachen zurecht.


Beim Auspacken hatten wir eine nicht allzu nette Überraschung. Unsere Kisten waren vom (vermutlich deutschen) Zoll geöffnet worden. Damit hatten wir ja gerechnet.

Nicht gerechnet hatten wir jedoch mit den etlichen Kratzern, die (zum Glück „nur“) auf den Sturz- und Motorschutzbügeln verursacht worden sind. Teilweise waren an einigen Stellen die gesamte Lackierung dort auf mehreren cm2 richtig großflächig heruntergekratzt worden. Wofür so eine derartige Beschädigung notwendig war, erschließt sich uns bis heute nicht!

Es blieb uns nichts andres übrig, als auf unsere Einkaufsliste noch ein paar weitere Dinge zu setzen, um die freiliegenden Stellen vor allzu schnellem Rosten etwas zu schützen.




Anfangs hatten wir noch befürchtet, dass wir von Hand jede einzelne Schraube wieder aus dem Holz der Kisten drehen müssten. Aber obwohl wir die Kisten recht stabil gebaut und sie auch den Flug problemlos überlebt hatten (nur nicht den Zoll!), war es ein Klacks die einzelnen Steher mit etwas mehr Schwung zum Brechen zu bringen und so endlich zu unseren Bikes zu gelangen.



  1. Schritt: AUSPACKEN!







2. Schritt: ZUSAMMENBAUEN!





Mit Sonnenschein und immer wieder leichten Brisen bauten wir also unsere Motorräder am Vorplatz wieder zusammen. Unsere Laune war gut und nach einem Tag im Flieger und in Flughäfen, tat uns die Arbeit richtig gut. Nicht nur unsere Laune war gut – wir unterhielten auch die Lagerarbeiter als auch die Leute im Bürogebäude.

Immer wieder kamen einige von Ihnen zu uns und erkundigten sich, woher wir kommen und wie unsere Bikes aussehen. Einer von ihnen meinte auch, dass er uns schon den ganzen Vormittag neugierig vom Büro aus zugesehen hatte und nun endlich Mittagspause habe und runterkommen konnte! Wir erhielten von allen wirklich gute Tipps für die Stadt und ihre Umgebung. Wir hörten auch das erste Mal von der Spezialität in dieser Gegend „Poutine“.



Nach rund 6 Stunden Arbeit war es endlich soweit: die Bikes waren fertig montiert und unser Gepäck, das mit in der Kiste geflogen ist, war fertig aufgeladen. Mit den übrig gebliebenen Zurrgurten, die wir nicht weiter mitnehmen konnten, machten wir noch einem Trucker eine riesige Freude. Und dann ging es ab zur nächsten Tankstelle, denn mit nur 3 Liter im Tank fühlt man sich nicht wirklich wohl!



Im Hotel angekommen und die Bikes gut in der Garage verwahrt, konnten wir uns auch endlich mal um unser leibliches Wohl kümmern. In einem Restaurant in der Nähe gönnten wir uns das erste Feierabendbier, Pizza und probierten die empfohlene Poutine. Grundrezept einer Poutine: Pommes in Bratensauce mit geschmolzenen Käsebällchen; je nach Lage und Restaurant gibt es darin noch zB. Speck, Lachs, Pilze etc.





Wir schafften unser Essen noch und dann holte uns auch schon die Zeitverschiebung ein – immerhin war es doch ein sehr langer und arbeitsreicher Tag gewesen. So waren wir auch nicht wirklich traurig darüber, dass für die nächsten Tage Regen angesagt war und wir so unseren Jetlag und auch Andis Sonnenbrand etwas „auskurieren“ konnten, bevor es daran ging, endlich Montreal zu entdecken!